Die amerikanische Börsenaufsicht SEC hat wie lange erwartet die ersten 12 Bitcoin-ETFs zugelassen. Anleger haben spätestens seit dem Herbst darauf spekuliert. Dies hat bereits im November das Volumen des Kryptohandels stark steigen lassen. „Die Investoren haben sich früh in Stellung gebracht“, stellt Hartmut Giesen, Krypto-Experte bei der Hamburger Sutor Bank, fest. Die eigentliche Zulassung sorgte nun kaum noch für Kursbewegungen. Doch langfristig kann der als „Anti-Regulierungs-Geld“ gestartete Bitcoin stark von der jetzt gefundenen Regulierung profitieren.
Die umfassende Regulierung ist denn auch das Hauptargument der US-Börsenaufsicht SEC, die ersten zwölf ETFs auf den Bitcoin zuzulassen. „Trotz des positiven Bescheids hat SEC-Chef Gary Gensler klargemacht, dass er den Bitcoin weiterhin für ein höchst spekulatives Instrument, die meisten Kryptowerte für illegale Wertpapiere und die bestehenden Kryptobörsen weitgehend für nicht gesetzeskonform hält“, so Giesen. „Gleichwohl sollen die ETFs für Mindeststandards beim Anlegerschutz sorgen.“ Sowohl die ETF-Emittenten als auch die Börsen, an denen diese gelistet werden, müssen sich an harte Regulierungsvorgaben des Wertpapiergeschäfts halten.
Hohe Handelsvolumina bei der Sutor Bank bereits im Dezember
Insofern reguliert die SEC den von ihr ungeliebten Kryptobereich quasi durch die Hintertür. „Die handelnden Häuser gehen das mit, weil sie sich von den ETFs viel erwarten“, sagt Giesen. Denn auch wenn die gestrige Zulassung nicht zu einem neuen Kursfeuerwerk führte: Immerhin hat der Bitcoin-Kurs bereits seit den ersten Gerüchten über den SEC-Schritt im Herbst rund 60 Prozent zugelegt. Die starke Nachfrage zeigte sich auch in den Handelsvolumina: „Bei der Sutor Bank war der Dezember 2023 trotz der Feiertage der Monat mit dem höchsten Handelsvolumen seit März 2022. Auch der November hatte bereits 12-Monats-Rekorde markiert“, so Giesen.
Viele Investoren hoffen jetzt auf weitere starke Kurssteigerungen. „Die Annahme ist, dass der Bitcoin-Preis durch die erhöhte Nachfrage der Neu-Bitcoiner steigt, die durch die ETF-Zulassung unmittelbar oder mittelbar erstmals in Kryptowährungen investieren“, sagt Giesen. Dabei handelt es sich um zwei Gruppen: Privatanleger, die schon immer mal in Bitcoin investieren wollten, denen die Kryptowelt aber zu kompliziert war. Hinzu kommen institutionelle Anleger, die nicht direkt in Kryptowerte oder in die bisherigen Krypto-basierenden Finanzinstrumente investieren durften. „Beiden steht nun ein in seiner Struktur etabliertes, zuverlässig reguliertes Produkt zu Verfügung, das sie an bewährten Börsen kaufen und in ihren bestehenden Depots verwahren können.“ Hinzu kommt, dass die ETF-Zulassungen der gesamten Branche trotz der einschränkenden Worte von Gary Gensler den „Regulierungs-Ritterschlag“ verleihen, der die Skandale der vergangenen Jahre in Vergessenheit geraten lässt.
Weitere Entwicklung entscheidet über Ausbildung einer neuen Anlageklasse
„Doch auch wenn Infrastruktur und Regulierung für den Mainstream-Durchbruch jetzt bereitet sind, ist noch nicht sicher, ob er tatsächlich stattfindet“, sagt Giesen. Das hänge auch von der Entwicklung ab. „Falls sich wie in der Vergangenheit eine Preisblase bildet, die dann abrupt platzt, werden Kryptowerte Zockerinstrumente für wenige bleiben. Sollte sich eine berechenbare, diversifikationsfähige Anlageklasse bilden, mit der sich Risiken hedgen und Renditechancen nutzen lassen, wird der Bitcoin Eingang auch in konservativere Standard-Portfolios finden“, erklärt Giesen.
Die neuen ETFs sind Spot-ETFs, die direkt den Preis des Bitcoin abbilden. Sie sind physisch mit Bitcoin hinterlegt, was sie von ähnlichen Instrumenten wie Exchange Traded Products (ETPs) abhebt, die es auch bisher schon gegeben hat. „Für Privatanleger waren ETPs zum Teil zu exotisch und auch recht teuer“, sagt Giesen. „Professionelle Investoren sind auf physisch hinterlege Fonds angewiesen.“ Insofern bestehe ein großes Nachfragepotenzial. Bereits ab sofort können die ETFs in den USA gehandelt werden. Dass gleich zwölf ETFs zugelassen werden, solle für Chancengleichheit und Auswahl für die Anleger sorgen. „Die staatliche Zulassung bestätigt ein Paradoxon, das sich schon länger beobachten lässt“, sagt Giesen. „Der vor 15 Jahren als Anti-Regulierungs-Geld geschaffene Bitcoin profitiert von der steigenden Regulierung, und das sowohl bei seinem Eintritt in den Mainstream wie auch bei der Kursentwicklung.“